Marie Voigt: Ein Funkeln im Dunkeln

„Wenn wir die Dunkelheit mit Licht füllen, brauchen wir keine Angst mehr vor ihr zu haben.“

Emmas Botschaft

Über das Buch

Marie Voigt, die Autorin und Illustratorin von „Ein Funkeln im Dunkeln“ ist Grafik Designerin und Schauspielerin. Im Schreiben und Gestalten von Kinderbüchern verwirklicht sie ihre Leidenschaft und möchte damit die Welt ein wenig glücklicher und heller machen.
Ihre Bücher bestechen vor allem durch ihre Einfühlung und den kindlichen Blick, sowie durch die poetisch magischen Bilder.

Inhalt

Bo, der Bär, eine Figur aus Emmas Büchern, fürchtet sich im Dunkeln. Plötzlich sitzt er auf ihrem Bett und die mutige, kleine Emma zeigt ihm, dass diese Angst unbegründet ist: denn nur wenn es dunkel ist, sehen wir das Licht und gemeinsam müssen wir uns nicht fürchten.

Bo und Emma gehen gemeinsam in einen dunklen Wald und bis in eine Höhle. Dort löschen sie ihre Laterne und sehen so das Funkeln im Dunkeln. Nachdem sie von ihrer nächtlichen Reise zurückkommen, bemerken sie wie die Straßenlaternen ihre Schatten an die Wand des Hauses werfen. Riesig sind sie.  Bo und Emma sind also innerlich gewachsen durch die gemeinsame Überwindung ihrer Ängste.

Visuelle Gestaltung

Vereinfachte, aber naturalistische Bilder illustrieren die Geschichte. Durch die Reduzierung auf Grundformen und die Betonung von Kreis, Kugel und Spiralformen wird Ihnen eine lyrische Note gegeben.
Die dunklen Blautöne verleihen den Abbildungen eine magische und geheimnisvolle Atmosphäre. Sie kontrastieren zum goldenen Licht der Laterne oder dem Funkeln der Sterne und lassen diese so leuchten.

Wundervoll und bezaubernd sind die Bilder anzusehen und künden von der Magie der Nacht.

Psychologische Ebene

Jedes Kind hat Ängste, vor allem die Angst vor dem Dunklen und Unbekannten sind im Kleinkindalter typisch. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, unsere Kinder hier ernst zu nehmen und liebevoll zu begleiten. Wenn wir eine wertschätzende Atmosphäre schaffen und so Grundvertrauen vermitteln, schaffen es unsere Kleinen, ihre Ängste aus eigener Kraft zu überwinden. Sie entwickeln Selbstvertrauen und das Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Die Kommunikation und Fantasiereise der Protagonistin mit einem ihrer Kinderbuchhelden zeigt außerdem, wie das magische Denken von Kleinkindern funktioniert. Figuren aus Geschichten und die Welt um sie herum erscheint Kindern belebt.
Und auch wir Großen erwischen uns ja manchmal dabei, dass wir Tagträumen und in unserer Phantasie Mr. Darcy plötzlich vor der Türe steht.

Empfehlung

„Ein Funkeln im Dunkeln“ kann dabei helfen eine Gesprächsgrundlage zu schaffen und unseren Kindern so die Chance zu geben, sich vertrauensvoll zu öffnen. Es zeigt den Kindern, dass man daran wachsen kann, wenn man sich seinen Ängsten stellt. Auch vermittelt es das Bewusstsein, dass was uns zuerst unbekannt und beängstigend erschien, neue Welten und Sichtweisen eröffnen kann.

Meine 3jährige Tochter greift immer wieder zu diesem Buch, wenn Gesprächsbedarf da ist oder sie sich abends beim Schlafen gehen fürchtet. Die Geschichte macht ihr Mut und das gemeinsame Lesen vermittelt Vertrauen.
„Deine Hand in meiner, so gehen wir zusammen.“, sagt sagt sie auch im Alltag immer wieder und greift nach meiner Hand, wenn sie für etwas Mut braucht

Maurice Sendak: Wo die wilden Kerle wohnen – Kinderbuchklassiker

Maurice Sendak: Wo die wilden Kerle wohnen

Eltern lieben ihre Kinder so, wie sie sind, und schenken Grundvertrauen und Raum für das Ausleben von Emotionen.

Botschaft von Max‘ Mama

Über das Buch

Wo die wilden Kerle wohnen erschien 1963 bei Harper & Row unter dem Titel: Where the Wild things are. Der amerikanische Autor und Illustrator Maurice Sendak schrieb den Text und gestaltete passend dazu die Bilder. 1967 erschien die deutschsprachige Ausgabe.

Sendaks Aussagen zu Folge wurde das Buch kurz nach der Entstehung in manchen Bibliotheken verboten und erhielt auch schlechte Rezensionen, da es zu „grauslich“ sei. Der Erfolg stellte sich jedoch bald ein, da Kinder sich vom Buch magisch angezogen fühlten und auch Lehrer und Erzieher den Wert erkannten.

Inhalt von „Wo die wilden Kerle wohnen“

Max ist ein wilder Junge, als er eines Abends wieder sein Wolfskostüm trägt und es zu toll treibt, schickt ihn seine Mutter ohne Abendessen ins Bett. Alleine in seinem Zimmer verwandelt sich dieses in eine fantastische Welt und er reist in das Land der wilden Kerle. Dort wird er zum König und kann tun was er will. Doch irgendwann fühlt er sich ganz alleine und kehrt zurück nach Hause: dorthin wo man ihn am meisten liebt.

Visuelle Gestaltung von „Wo die wilden Kerle wohnen“

Die Illustrationen erstrecken sich jeweils über zwei Seiten und sind in gebrochenen Farben gehalten. Es dominiert ein Farbklang von Gelb, Aprikose, Salbei und Graublau, kontrastiert mit schwarz und weiß. Die Farbe ist flächig aufgetragen und wird durch Schraffuren mit Tusche strukturiert.

Die Konturen der Figuren sind linear und geschwungen angelegt. Die Anmutung ist eine phantastische, die durch die flächige Gestaltung jedoch einfach zu erfassen ist. Schon ohne den Text ist das Blättern im Buch ein Genuss.

Psychologische Ebene von „Wo die wilden Kerle wohnen“

Instinktiv verstehen Kinder die märchenhafte Sprache. Das Wolfskostüm, das Max trägt versinnbildlicht in seiner archetypischen Wildheit den Trotzanfall und das Zimmer die Seele des Kindes.
Max ist gefangen in seinem Wutanfall und tobt und wütet, doch ist er dort alleine und kann zunächst keinen Ausweg finden. Die wilden Kerle versinnbildlichen verschiedene Gefühlszustände.

Als Max sich alleine fühlt und zurück kommt aus dem Land der wilden Kerle, dorthin wo man ihn am meisten liebt, steht sein Abendessen auf dem Tisch. Der schönste Satz des Buches ist dann auf der letzten Seite zu lesen:  “ … und es war noch warm.“
Dies vermittelt den Kindern Sicherheit:  ihre Eltern lieben es, auch wenn es sich aufführt und zu den wilden Kerlen reist und wenn das Kind von einer solchen Reise zurück kommen, ist ihm die Versorgung und die Liebe der Eltern gewiss.

Den seeelischen Zustand des Tobsuchtsanfalles in einer metaphorischen Sprache genauso darzustellen, dass Kinder instinktiv verstehen, ist die große Stärke des Buches. Gleichzeitig zu vermitteln, dass das Kind trotzdem so geliebt wird wie es ist, ist ein noch größerer Verdienst. Und genau diese Gewissheit, geliebt zu werden, egal wie man sich benimmt,  ist grundlegend, um Urvertrauen zu entwickeln.

Empfehlung

Das Buch empfiehlt sich nicht nur für Kinder in der Autonomiephase, sondern auch für deren Eltern. Diese geraten ja auch immer wieder an ihre Grenzen und selbst wenn sie es theoretisch besser wissen, können sie sich manchmal vielleicht auch nicht anders helfen, als das Kind in sein Zimmer zu sperren. Kinder finden sich instinktiv wieder, fühlen sich nicht nur verstanden, sondern auch aufgefangen.

Ich schaue das Buch mit meiner Tochter nach einem überstandenen Wutanfall sehr gerne an. Sie kuschelt sich dann an mich und sagt immer wieder: „Ich hatte mein Wolfskostüm an, so wie der wilde Max im Buch“. Und wenn wir die Bilder der wilden Kerle anschauen, sagt sie: „Das ist die Wut auf die Mama, weil sie sich um die kleine Schwester gekümmert hat.“ „Das ist die Wut, weil die Mama nicht gemacht hat, was ich will.“ Usw.

So ist alles gut … bis zum nächsten Wutanfall, der unter Umständen darin besteht, dass sich Karotten im Abendessen finden.

Aber Spass beiseite, nicht nur die metaphorische Geschichte mit den starken, bildhaften Handlung ist wertvoll für Kinder und Eltern. Vor allem auch die visuelle Gestaltung mit den wundervoll changierenden Farben und den linearen und geschwungenen Konturen ist zeitlos schön und wirkt erstaunlich modern.

Die Fan Brüder: Wo die See auf den Himmel trifft – Kinderbuchtipp

Die Fan Brüder: Wo die See auf den Himmel trifft

In Gedanken sind wir den Menschen nahe, die wir lieben, auch wenn sie nicht mehr bei uns sind.

Finns Botschaft

Über das Buch

Eric und Terry Fan sind zwei Brüder, die in Kanada am Ontario Collage of Art and Design studiert haben. 2018 erschien das Buch unter dem Titel Ocean meets Sky. Weitere Titel der beiden Brüder sind: Der Nachtgärtner sowie Projekt Barnabus.
Alle Bücher beschäftigen sich mit der Endlichkeit und Schönheit der Dinge und bestechen durch inhaltliche Tiefsinnigkeit und Phantastik der Illustrationen.

Inhalt von „Wo die See auf den Himmel trifft“

Ein Junge vermisst seinen verstorbenen Großvater, darum baut er ein Schiff und reist dorthin, wo die See auf den Himmel trifft. Von diesem Ort hatte der Großvater in seinen Geschichten erzählt. Er passiert auf seiner Reise phantastische Orte wie die Bücherinseln oder das Meer der tanzenden Ohrenquallen. Am Ende seiner Reise hat er schließlich die Möglichkeit, noch einmal Lebewohl zu sagen, bevor er nach Hause zurückkehrt.

Die Fan Brüder: Wo die See auf den Himmel trifft
Die Fan Brüder: Wo die See auf den Himmel trifft

Visuelle Gestaltung von „Wo die See auf den Himmel trifft“

Die Illustrationen sind eine gelungene Mischung aus Bleistift und Tuschezeichnungen und digitaler Verfahren. Die Vorliebe für mechanische Uhrwerke und alte Technik verbindet sich mit dem Faible für Magie und fantastische Reisen. So entstehen Bilder, die sehr detailreich sind und voller phantastischer Details. Es verbinden sich Steampunk Motive wie Eisenbahnen, Uhrwerke, Heißluftballons mit Ansichten alter Bücher oder Bilder seltsamer Fische und Vögel, wie sie einem antiken Naturkundebuch entsprungen sein könnten. Damit laden die Bilder zum Entdecken und Träumen ein.

Psychologische Ebene von „Wo die See auf den Himmel trifft“

Die Geschichte ist tiefsinnig und leichtfüßig zugleich. Thematisiert wird die Trauer eines Kindes: ein kleiner Junge, vermisst seinen verstorbenen Großvater. Durch eine Traum- oder Gedankenreise nähert sich der Protagonist einem magischen Ort, von dem der Großvater in seinen Geschichten erzählte. Damit zeigt das Buch auf, wie wir in Gedanken lieben Menschen verbunden bleiben und wie wir gleichzeitig durch unsere Fantasie Trauerarbeit leisten können. In Gedanken lebt der Andere in uns fort.

Empfehlung

Das Buch richtet sich nicht nur an Kinder, die einen Trauerfall zu bearbeiten haben. Es kann hier generell thematisiert werden, wie es ist, einen Verlust zu verarbeiten oder wie man sich jemand in Gedanken nähern kann, dem man vermisst. Dies ist eine gedankliche Leistung, die Grundschulkinder bereits verstehen und zu verarbeiten in der Lage sind. So kann das Buch eine Basis für eigene Traumreisen bilden.
Doch nicht nur Grundschulkindern, sondern auch älteren Kindern und Erwachsenen lege ich dieses Buch ans Herz. Die Schönheit und Poesie der Bilder und die tiefgehende Geschichte von der Überwindung eines Verlustes ist ein Thema, das kein Alter kennt und uns alle berührt.